Ungleichheiten in einer Welt voller Krisen verringern – der Weg des Fairen Handels
Im Rahmen der Klimawoche fand am 21. November in Genf eine Podiumsdiskussion zum Thema Klimakrise und wachsende Ungleichheiten statt. Diskutiert wurden Ungleichheiten: Während die reichsten Menschen vom exponentiellen Wachstum ihres Vermögens profitieren und gleichzeitig unverhältnismässig viel zu den Treibhausgasemissionen beitragen, sind es die am stärksten benachteiligten Bevölkerungsgruppen, die am stärksten unter den Folgen leiden. Die Runde thematisierte zudem die Kürzung der internationalen Entwicklungsbudgets sowie den Rückgang von Initiativen wie dem Fairen Handel und forderte dazu auf, die Beziehungen zwischen dem Globalen Norden und Süden neu zu überdenken.
Die Podiumsdiskussion „Klimakrise und zunehmende Ungleichheiten – den Globalen Süden unterstützen, den Norden neu erfinden?“ fand im Rahmen der Klimawoche in Genf statt. Sie knüpfte an die Resultate des Oxfam-Berichts 2024 zum Thema Ungleichheit an. Dieser zeigt auf, dass die reichsten 1 % der Menschen gleich viel CO₂ ausstossen wie die ärmsten 66 % und verdeutlicht die Dringlichkeit, die Klimakrise aus der Perspektive sozialer und wirtschaftlicher Ungleichheiten zu betrachten.
Die Diskussion wurde im Rahmen des Engagements der Stadt Genf als Fair Trade Town durchgeführt und wurde mit Unterstützung von Action de Carême, der Westschweizer Weltläden-Vereinigung, Swiss Fair Trade sowie in Partnerschaft mit der Universität und der Stadt Genf organisiert.
Die wichtigsten Take-aways aus der Diskussion:
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Alex Maitland (Oxfam UK) eröffnete die Diskussion mit den Ergebnissen des Berichts zum Thema Multinationale Unternehmen und multiple Ungleichheiten (2024). Er zeigte die wichtigsten politischen Mechanismen auf, die globale Ungleichheiten verstärken: Von der massiven Verschuldung armer Länder über Machtmonopole und Steuerhinterziehung bis hin zur Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen verschärfen die Ausgrenzung marginalisierter Bevölkerungsgruppen im Globalen Süden. Er zeigte auch mögliche Lösungsansätze auf: Investitionen in öffentliche Dienstleistungen, Regulierung multinationaler Konzerne, und die Förderung von Unternehmensmodellen, die auf sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit basieren, können zur Reduzierung von Ungleichheiten führen.
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Isolda Agazzi (Alliance Sud) kritisierte die Rolle der Schweiz bei den ökologischen und sozialen Spillover-Effekten im Ausland: Die Schweiz belegt derzeit den 163. Platz von 167 Ländern im Spillover-Index und ihre Entwicklungshilfe ist auf dem niedrigsten Stand seit 30 Jahren. Mit einer Prognose von nur 0,36 % des BIP im Jahr 2028 liegt sie sogar weit unter dem internationalen Ziel von 0,7 %. Isolda Agazzi hob die negativen Auswirkungen der Kürzungen im Budget der internationalen Zusammenarbeit für die Bevölkerung des Globalen Südens hervor und betonte die Notwendigkeit einer kohärenten und gerechten öffentliche Entwicklungspolitik.
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Sophie de Rivaz (Action de Carême) erinnerte an die Bedeutung des Fairen Handels. Dieses Handelsmodell macht derzeit zwar nur einen winzigen Teil des Welthandels aus (0,01 %), bietet aber konkrete Lösungen, um die globalen wirtschaftlichen Ungleichheiten zu verringern und ökologische Praktiken wie Agroökologie zu fördern. Als vorbildliche Beispiele nannte sie auch autonome Entwicklungsmodelle wie FairAfric oder Green Net, die lokale Märkte stärken und beweisen, wie Fairer Handel zur wirtschaftlichen Emanzipation von lokalen Gemeinschaften beitragen kann. Sophie de Rivaz betonte zudem die Notwendigkeit, die Bewegung des Fairen Handels zu revitalisieren und den Zugang zu fairen Produkten zu demokratisieren, um die ärmsten Bevölkerungsgruppen erreichen zu können, auch im Globalen Norden.
Die Interaktion mit dem Publikum bereicherte den Austausch und brachte weitere zentrale Fragen in die Runde: Wie kann die Schweiz ihren negativen Einfluss im Ausland verringern und ihre Praktiken mit ihrem positiven Image in Einklang bringen? Welche Hebel müssen getätigt werden, um faire Produkte für kleine Budgets zugänglich zu machen und so Ungleichheiten im Globalen Norden wie im Süden zu verringern?
Die Podiumsdiskussion offenbarte viele innovative Ansätze zur Bekämpfung sozialer und klimabezogener Ungleichheiten. Anja Imobersteg (Swiss Fair Trade), die Moderatorin der Diskussion, schloss die Runde mit einem eindringlichen Appell zum Handeln. Mit einem Zitat von Simone de Beauvoir – „Es gibt keine Revolution ohne eine Revolution des Bewusstseins“ – unterstrich sie die Dringlichkeit, die besprochenen Themen weiter zu vertiefen, konkrete Massnahmen zu entwickeln, nachhaltige und solidarische Wirtschaftsmodelle voranzutreiben und das Bewusstsein für eine gerechtere sowie nachhaltigere Welt zu schärfen.
Weitere Ressourcen zum Thema:
- Oxfam-Bericht Multinationale Unternehmen und multiple Ungleichheiten (Riddell Rebecca, Ahmed Nabil, Maitland Alex, Lawson Max, Taneja Anjela, 2024, Inequality Inc. How corporate power divides our world and the need for a new era of public action, Oxfam International, DOI 10.21201/2024.000007)
- Oxfam-Bericht CO₂ Ungleichheit tötet (Alestig Mira, Dabi Nafkote, Jeukar Abha, Maitland Alex, Lawson Max, Horen Greenford Daniel, Lesk Corey, Khalfan Ashfaq, 2024, Carbon Inequality Kills: Why curbing the excessive emissions of an elite few can create a sustainable planet for all, Oxfam International, DOI 10.21201/2024.000039)
- Protokoll der Podiumsdiskussion (demnächst verfügbar)